Einschätzung des Arbeitskreises „Spielen in der Stadt“

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen hat in einem Runderlass vom 21. November 2018 mit dem Titel „Vorsorgender Gesundheitsschutz für Kinder auf Kinderspielflächen“ im Punkt 2.1 Hygienische Anforderungen wiederum eine bekannte Forderung gestellt:
Aus hygienischen Gründen ist der Spielsand mindestens einmal jährlich auszutauschen.“

Diese Forderung ist sowohl aus ökonomischen, als auch aus ökologischen und hygienischen Gründen abzulehnen. Sie widerspricht jeglicher Nachhaltigkeit und erfüllt nicht den erhofften Zweck.

Begründung:

Inzwischen belegen Untersuchungen von Universitäten und Gesundheitsämtern (siehe unten, Literaturverzeichnis), dass ein häufiger Sandwechsel für die hygienischen Bedingungen keine Vorteile bringt. Jeder neu eingebrachte, keimarme Sand verändert sich innerhalb von Tagen. Nach einigen Wochen kann die Keimbelastung sogar deutlich ungünstiger sein als bei älterem Sand auf Spielplätzen, da einige Beobachtungen auf einen „Selbstreinigungseffekt“ durch ein Gleichgewicht verschiedener Bakterienarten hindeuten.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch hohe Keimmengen im Spielsand in der Regel zu keiner Gesundheitsgefährdung führen, da Kinder nur sehr geringe Mengen an Sand aufnehmen. Die Belastung der kleinen Sandmenge übersteigt deshalb nicht die zulässigen Keimzahlen von z. B. Softeis in üblicher Verzehrmenge.

Das heißt aber nicht, dass Spielsand automatisch besser wird, je länger er liegt. Dazu bedarf er regelmäßiger Pflege in Form von mechanischer Reinigung, mit der Unrat entfernt und gleichzeitig belüftet wird, nicht aber eines Austauschs.

Neuer Spielsand ist eine natürliche Ressource, die nicht ohne Erfordernis verbraucht werden sollte. Auch die Entsorgung ist in der Gesamtbilanz zu berücksichtigen. Dazu kommen die Kosten des Austauschs, die einige Kommunen so überfordern können, dass sie auf das für Kinder so wichtige gestaltende Spiel im Sand verzichten.

Empfehlung:

spielsand DSCF4742 400x320Spielsand ist regelmäßig zu kontrollieren, Unrat und organisches Material, wie z. B. Laub, bei allen Pflegegängen zu entfernen. Eine mechanische Reinigung des Sandes bis in eine Tiefe von etwa 40 cm ist je nach Verschmutzungsgrad in ein- oder mehrjährigen Intervallen durchzuführen, um auch tiefer liegenden Unrat zu entfernen, Verdichtungen zu beseitigen und Luft zuzuführen.
Ist der Humuseintrag in den Sand so groß geworden, dass die Farbe sich deutlich verändert hat und der Sand sich schneller verdichtet, oder ist ein Schadstoffeintrag erfolgt, der sich nicht mechanisch beseitigen lässt, ist ein Sandaustausch notwendig geworden. Dafür lassen sich jedoch keine festen Rhythmen vorschreiben, zu viele Faktoren sind für die Verschmutzung einer Sandfläche zu berücksichtigen.

Für die lange Nutzbarkeit einer Spielsandfläche spielen auch bauliche Aspekte eine Rolle. Vorteile bieten gut entwässerte Flächen, Randeinfassungen und bauliche Abgrenzungen zum Untergrund (z. B. Rasengitterplatten, Dränbeton o. ä.), die eine Vermischung des Sandes mit Bodenmaterial am Rand oder im Untergrund verhindern.

Chemische oder thermische Reinigungsverfahren können keine ausreichende Wirkung erzielen, wenn sie nicht mit mechanischer Tiefenreinigung gekoppelt werden. Beide Verfahren bieten keine Vorteile, da die Keimbelastung wie beim Sandwechsel bereits nach kurzer Zeit wieder ein hohes Niveau erreicht und der Effekt der Selbstreinigung unterbrochen wurde.

Literaturhinweise/Quellen:

  • Prof. Dr. Otto Ungerer, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Abteilung Biologie- Sozailhygiene/Gesundheitserziehung, „Mechanische Spielplatzpflege“, Ludwigsburg 17.1.2003
  • Merkblatt Spielplatz-und Spielsandhygiene; Herausgeber: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, 2. Aufl . August 2005
  • Hygienische Beurteilung von Spielsand – Merkblatt 2005 Regierungspräsidium Stuttgart, Landesgesundheitsamt
  • Kohnen W, Teske-Keiser S, Arneth R, Wendel L, Pietsch M, Kopp D, Mayer H, Jansen B. (2001) Untersuchungen zur mikrobiologisch-hygienischen Qualität von Spielsand. Umweltmed Forsch Prax 6: 25-30