... eine kreative Maßnahme als Chance

In einer umfassenden Masterarbeit wird die Chance von Baumpflanzaktionen herausgestellt, als kreative Maßnahme den städtischen Baumbestand zu erhöhen und den Umgang mit Stadtbäumen zu verändern und zu verbessern.

5 Grafik ProjektvernetzungZunächst werden drei Baumpflanzaktionen in deutschen Städten anhand ihrer grundlegenden Elemente analysiert. Zu den Elementen zählen die Faktoren der Baumpflanzung (Kosten und Finanzierung, Planung und Genehmigung, Standort und Baumart, Pflanzung sowie Pflege und Kontrolle) und die Aspekte der Aktion (Ziel und Konzept, Impuls sowie Partizipation und Kooperation). Die Analyse der renommierten Baumpflanzaktion „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ in Kassel (1982-1987) sowie der Projekte „Mein Baum - Meine Stadt. Ich mach´ mit!“ in Hamburg (2011) und „Bürger spenden Bäume“ in Friedrichshafen (seit 2003) zeigen, wie die Aspekte der Aktion mit den Faktoren der städtischen Baumpflanzung verknüpft werden können, um zum Erfolg einer Aktion zu führen.

Die Anlayse zeigt, dass Baumpflanzaktionen über ein grundsätzliches Potential verfügen, neue Ansätze und Ideen umzusetzen und damit die städtische Baumpflanzung zu verändern und zu verbessern. Sie führen zu einem ökologischen, sozialen und ökonomischen Mehrwert.

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Mit dem bewussten Einsatz der Aspekte der Aktion, lässt sich ihr Effekt auf den städtischen Baumbestand und den Umgang mit Stadtbäumen lenken. Das Gelingen einer Baumpflanzaktion wird durch ein messbares Ziel und ein originelles Konzept gefördert. Zudem kann ein starker Impuls für die notwendige Aufmerksamkeit sorgen und eine Drucksituation schaffen. Durch das Miteinbeziehen der Bevölkerung wird die Umsetzung der Aktion unterstützt und ein Umdenken angeregt. Kooperationen tragen dazu bei, den Aufwand einer Aktion leichter zu bewältigen und fachlichen Rat zu erhalten.

Um das Potential der Baumpflanzaktion zu nutzen, neue Ansätze und Ideen umzusetzen, ist Kreativität gefordert. Kreativität stellt sich als wichtige Ressource heraus, über die jeder Mensch verfügt. Sie kann genutzt werden, um durch neue Herangehensweisen, Probleme zu lösen. Die Durchführung einer Baumpflanzaktion als kreative Maßnahme bedeutet, die einschränkenden Rahmenbedingungen im Umgang mit Stadtbäumen als Chance zu begreifen, neue Möglichkeiten auszuprobieren, die Frage nach dem Problem zu hinterfragen und so neue Lösungsansätze zu entwickeln.

Der Einsatz der Baumpflanzaktion als kreative Maßnahme kann durch den/die Landschaftsarchitekten*In unterstützt werden. Landschaftsarchitekten*Innen sind in Arbeitsweisen geübt, kreative Ideen zu entwickeln, und weisen fundierte Kenntnisse in den grundlegenden Elementen der Baumpflanzaktion aus.

Abschließend werden in der Arbeit acht Ideen für Baumpflanzaktionen als kreative Maßnahme in der Stadt Freising gezeigt. Dabei werden unter anderem die Entwicklung einer App („TreeGO“), die detaillierte Überprüfung des städtischen Soll- und Ist-Bestandes („Trees Rights Watch“) oder ein Semesterprojekt an der Universität („such.plan.pflanz!“) in Betracht gezogen.

 ID8 01 300 BaumSchulenID8 02 300 TreeGoID8 03 300 BaumPflanzAuktionID8 04 300 BaumMieter

ID8 05 300 TreesRightsWatchID8 06 300 StadtverwaldungID8 07 300 SuchPlanPflanzID8 08 300 7000Eichen

 




8 Ideen für Baumpflanzaktionen ... als kreative Maßnahme

 

„BaumSchulen“

Im Hinblick auf eine nachhaltige Stadtentwicklung reicht es nicht aus, nur neue Bäume zu pflanzen. Ebenso wichtig ist es, den aktuellen Baumbestand dauerhaft zu pflegen und zu managen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Bäume ihre Ökosystemdienstleistungen langfristig erbringen können. Aufgrund der aktuellen klimatischen Entwicklungen (Hitzestress, Extremwetterereignisse) wird der Arbeitsaufwand in der Pflege von Stadtbäumen in der Zukunft zunehmen.

Das Konzept der Baumpflanzaktion „BaumSchulen“ ist eine Mitmachaktion für Freisinger Grundschulen. Jede der rund 60 Klassen darf im Umkreis ihrer Schule einen möglichen Pflanzort für einen Baum suchen. Im Rahmen einer Projektwoche werden die Kinder über die wichtigsten Aspekte der Baumpflanzung unterrichtet und suchen gruppenweise nach möglichen Standorten. Zum Ende der Projektwoche wird aus jeder Klasse ein geeigneter Standortvorschlag ausgewählt und die Pflanzung in Abstimmung mit der Stadt durchgeführt. Bei der Pflanzung erhalten alle Schüler*Innen bunte Gießkannen. An besonders heißen Tagen im Hochsommer, schwärmen die Kinder in Gruppen aus, klingeln an den Türen der Freisinger*Innen, lassen sich ihre Gießkannen mit Wasser auffüllen und gießen die Bäume. In sogenannten BaumSchul-AGs können sich Schüler*Innen aus höheren Stufen auf freiwilliger Basis an weiteren Pflegearbeiten beteiligen.

Ziel des Projektes ist es, dass rund 60 Bäume standort- und artengerecht gepflanzt werden. Zudem soll die Umweltbildung der Schüler*Innen gefördert, die Bürger*Innen für das Thema Stadtbäume sensibilisiert und die Stadt bei der Pflege der Bäume in den heißen Sommermonaten unterstützt werden. 


„Tree GO“

Ein Baumkataster ermöglicht eine Übersicht über den Baumbestand und dessen Zustand. Es stellt eine wichtige Grundlage für ein nachhaltiges Management des Baumbestandes dar. Die Stadt Freising verfügt derzeit nicht über ein frei einsehbares Baumkataster.

Das Konzept der Baumpflanzaktion „Tree GO“ sieht die Entwicklung einer Anwendung (App) für Smartphones vor. In dieser Anwendung können die Nutzer*Innen mit Hilfe einer integrierten Kamerafunktion bestehende Bäume in der Stadt Freising fotografieren, in eine Datenbank aufnehmen und weitere Informationen einspeisen. Dabei kann die virtuelle Währung „treecoin“ (tc) gesammelt werden. Sobald der/die Nutzer*In den Stammumfang in Brusthöhe in die Datenbank eingibt, Fotos des gesamten Baumes, seiner Rinde, der Blätter oder Knospen hochlädt, erhält er/sie 100 tc. Die gesammelte Währung kann verwendet werden, um in der virtuellen Realität eine neue Baumpflanzung durchzuführen. Für 1000 tc kann eine Neupflanzung initiiert werden. Ein Algorithmus berechnet mit den durch den/die Nutzer*In eingegebenen Standortbedingungen den Preis des Pflanzvorschlages aufgrund des nötigen Aufwands und der Realisierungswahrscheinlichkeit. Beispielsweise kostet eine Baumpflanzung unter Bedingungen mit normalem Kostenaufwand 2000 tc und unter Bedingungen mit erhöhtem Kostenaufwand 10000 tc. Vorgeschlagene Baumpflanzungen können von anderen Nutzern*Innen bewertet („gefällt mir“ / „gefällt mir nicht“) und mitfinanziert werden. Die Anwendung „Tree GO“ wird über den Zeitraum von drei Jahren freigeschaltet und die Stadt Freising verspricht, die im Rahmen der App virtuell finanzierten Pflanzungen und alle Vorschläge mit über 3.000 „gefällt mir“-Angaben zu realisieren.

Ziel des Projektes ist es, eine Grundlage für ein Freisinger Baumkataster zu erstellen. Dabei werden die Menschen in den Prozess der Standortsuche und Baumpflanzung einbezogen und gleichzeitig für das Thema Stadtbäume sensibilisiert. Mit der Möglichkeit Standorte vorzuschlagen und der „gefällt-mir“-Funktion erhält die Stadt ein Stimmungsbild, das erkennen lässt, an welchen Orten Baumpflanzungen gewünscht sind.


„Baumpflanzauktion“
Ein nachhaltiges Management des Baumbestandes ist von großer Bedeutung. Vitale Bäume können ihre Ökosystemdienstleistungen besser entfalten. Damit sich die Bäume gut entwickeln können, ist eine aufwändige Pflege notwendig, die für die städtischen Grünämter einen hohen Arbeitsaufwand bedeuten. Sowohl finanziell als auch personell ist das Aufrechterhalten des Baumbestandes und die Pflanzung neuer Bäume eine Herausforderung.

So wie die Menschen im Winter ihre Grundstücke vom Schnee befreien, übernehmen sie die Baumpflege in ihrer Nachbarschaft. Wie der Titel vermuten lässt, handelt es sich bei dem Konzept der „Baumpflanzauktion“ um eine Versteigerung von Bäumen. Die Menschen können die Verantwortung für die Pflege der Bäume vor ihrer Haustüre übernehmen, indem sie einen oder mehrere Bäume ersteigern. Wer einen Baum ersteigert, erhält eine Einweisung in die Theorie der Baumpflege und übernimmt diese für drei Jahre. Der Erlös aus den Auktionen wird im selben Jahr in Neupflanzungen in den jeweiligen Nachbarschaften investiert.  

Ziele der Aktion sind, die Menschen in die Pflege des Baumbestandes miteinzubinden, sie für das Thema Stadtbäume zu sensibilisieren und zusätzliche Gelder für Neupflanzungen zu generieren.


„Baummieter“

Straßenbäume können die Folgen des Klimawandels am besten im Verbund abmildern. Im Idealfall steht alle 20 Meter auf beiden Seiten der Straße ein Baum. Vor allem das beschränkte Raumangebot führt vielfach dazu, dass in Innenstädten keine Bäume stehen. Auch in der Freisinger Innenstadt (Untere und Obere Hauptstraße) sind fast keine Bäume zu finden.

Wenn der Mensch den Bäumen in den Straßen keinen Platz einräumt, sollte er freiwillig kleine Territorien von seinem Wohnbereich zurückgeben. Dieser Gedanke von Friedensreich Hundertwasser und seine damit verbundene Idee vom „Baummieter“ stellen die Grundlage für die gleichnamige Baumpflanzaktion „Baummieter“ dar. Dabei werden in der Oberen und Unteren Hauptstraße mindestens alle 20 Meter Bewohner*Innen gesucht, die einen „Baummieter“ in ihre Wohnung einziehen lassen. Wer ein Zimmer zur Verfügung stellt, wird mit den notwendigen Mitteln unterstützt, um einen Baum in den eigenen Räumlichkeiten zu pflanzen. In der Folge übernimmt der/die Bewohner*In die Pflege.

Ziel ist es, in der Freisinger Innenstadt mindestens 80 Baummieter (alle 20 Meter auf beiden Seiten) einziehen zu lassen. Da in erster Linie vitale und alte Bäume in geeigneten Standorten ihre Ökosystemdienstleistungen entfalten, soll untersucht werden, ob eine solche Maßnahme einen klimatischen Mehrwert leisten kann. Dafür werden über eine Laufzeit von fünf Jahren Messungen durchgeführt und ausgewertet. Eine solche Aktion setzt sich kritisch mit der Frage auseinander, wie viel Platz wir Bäumen in der Stadt einräumen wollen. Ein solches Projekt könnte sich zu einem Besucher*Innenmagnet für die Stadt Freising entwickeln.



„Trees rights watch“

Vielfach werden nach illegalen Baumfällungen keine Sanktionen ausgesprochen – „wo kein Kläger, da kein Richter“.

Inspiriert durch ein ähnliches Vorhaben in Donauwörth umfasst das Konzept „Trees rights watch“ die Prüfung der Soll- und Ist-Zahl der festgelegten Bäume in verschiedenen Bebauungsplänen. Wie bei einer betriebswirtschaftlichen Prüfung zum Ende des Jahres, setzt die Stadt Freising unabhängige Prüfer*Innen zur Kontrolle ein. Im Falle eines begründeten Verdachtes, können Freisinger Bürger*Innen Vorschläge für zu prüfende Bebauungspläne einreichen. Für alle festgestellten Defizite verpflichtet sich die Stadt Freising, für die unmittelbare Neu- bzw. Nachpflanzung zu sorgen.

Ziel der Aktion ist es, den Bäumen ihr Recht zuzusprechen. Durch die Selbstkontrolle der Stadt wird ein klares Zeichen für mehr Baumschutz gesetzt.


„Stadtverwaldung durch Stadtverwaltung“

Wie in der Freisinger Klimaresolution geschrieben steht, besteht eine Diskrepanz zwischen den Klimaschutzzielen und dem tatsächlichen Handeln. Das äußert sich zum Beispiel im Fehlen von festgesetzten Bäumen in Bebauungsplänen und Äußerungen in der Freisinger Grünverordnung, den Schutz und die Förderung von Neupflanzungen im Wissen über deren Wert zu fördern.

Gemäß der Absicht der Freisinger Klimaresolution, die Politik und Verwaltung für den Klimawandel zu sensibilisieren, wird die Kasseler Parole der „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ umgekehrt. Mit dem Titel „Stadtverwaldung durch Stadtverwaltung“ sieht diese Baumpflanzaktion das Konzept einer städtischen Imagekampagne vor. Nach dem Vorbild der beliebten Bärenfiguren, die Anfang der 2000er Jahre im Rahmen der Aktion „Freisinger Bär“ an verschiedenen Orten aufgestellt wurden, erhält jede Abteilung der 31 Sachgebiete der Freisinger Behörden drei unbemalte Bärenfiguren. Die Abteilungen können die Gestaltung der Bären selbst übernehmen oder sie an Künstler*Innen, Kinder, Geschäfte usw. abgeben. Die gestalteten Bären werden im Sommer in der Innenstadt aufgestellt und zum Verkauf angeboten. Der Erlös fließt in die Pflanzung der Bäume.

Ziele der Aktion sind, durch die Pflanzung von Bäumen einen Beitrag zum Erreichen von Klimaschutzzielen zu leisten und die Probleme gemeinsam anzugehen. Zudem werden die Politik und Verwaltung sensibilisiert und sie setzten ein Zeichen, aktiv etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen.


„such.plan.pflanz!“

Um die Qualität des Baumbestandes zu sichern, brauchen die städtischen Ämter ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen. In Zukunft ist aufgrund der extremer werdenden klimatischen Bedingungen mit zusätzlichen Investitionen zu rechnen.

Das Konzept „such.plan.pflanz!“ sieht eine Baumpflanzaktion als Kooperationsprojekt der Stadt Freising mit den Landschaftsarchitekten*Innen, Landschaftsplaner*Innen der TU München und der Fachhochschule Weihenstephan Triesdorf vor. Das Entwurfsprojekt umfasst zwei Phasen. In der ersten Phase „such.“ werden alle möglichen Standorte in der Stadt Freising evaluiert, wo aufgrund der Anforderungen des Baumes an den Standort eine Baumpflanzung möglich ist. In der zweiten Phase „plan.“ kommt es zur Prüfung der in Frage kommenden Standorte. Dabei werden unter anderem die Anforderungen seitens der städtischen Behörden und Verwaltungen berücksichtigt. Als Ergebnis wird eine Karte erstellt, die alle potenziellen Standorte auszeichnet. Zudem wird nach Möglichkeiten gesucht, Gelder für die Durchführung dieser Pflanzungen zu generieren (Forschungsanträge, Anträge für staatliche Unterstützung, Sponsoren usw.). Die dritte Phase der Aktion „pflanz!“ findet in einem der darauffolgenden Wintersemester statt. Abhängig von den verfügbaren Geldern werden in einem „Studio 1zu1“ Projekt die möglichen Pflanzungen durchgeführt. Die Studenten*Innen unterstützen das städtische Grünamt bei den Pflanzungen und erhalten einen Einblick in die Praxis. Die Stadt Freising begleitet und unterstützt den gesamten Prozess.

Ziele der Aktion sind, alle möglichen Baumpflanzstandorte zu definieren und so viele wie möglich zu bepflanzen. Die Stadt Freising wäre die erste Stadt mit einem solchen Masterplan und profitiert von der Unterstützung der Studenten*Innen. Die Studenten*Innen lernen die Herausforderungen kennen, die sich bei der Planung von Baumpflanzungen in der Stadt eröffnen.


„7000 Eichen 2.0“

Das Pflanzen von Bäumen in der Stadt ist ein kostspieliges Unterfangen und vielfach werden andere Interessen als wichtiger bewertet. Das führt in vielen Kommunen zu negativen Tendenzen in den Baumstatistiken.

Die Erwartung von Joseph Beuys, dass die Baumpflanzaktion „7000 Eichen“ eine Initialzündung für ähnliche Projekte in dieser Form werden könnte, erfüllte sich nicht. Die Baumpflanzaktion „7000 Eichen 2.0“ greift diese Erwartung des Künstlers auf. Das Konzept der Kasseler Aktion wird übernommen und gemeinsam mit der „Stiftung 7000 Eichen“ und der „documenta und Museum Fridericianum Veranstaltungs-GmbH“ auf die Stadt Freising übertragen.

Ziele der Aktion sind, durch das Miteinbeziehen früherer Kooperationspartner (z.B. Dia Art Foundation) sowie weiterer Kunst und Kulturförderungen (z.B. Kulturfonds, Bayern), die Idee der „7000 Eichen“ sowie ihre künstlerischen Ansätze aufleben zu lassen und dadurch einen Begrünungsprozess in Freising anzustoßen.