Wie der urbane Raum an den Klimawandel angepasst werden muss – und kann
Mit ihren Positionspapieren will die GALK e.V. einen Beitrag leisten zu den fachlichen und politischen Diskussionen zu nachhaltiger Stadtentwicklung durch öffentliches Grün im urbanen Raum. Mit ihrer fachlichen Stellungnahme will die GALK die Grünflächenämter stärken, sich zu positionieren und neue rechtliche, planerische und gärtnerisch-technische Wege zur Sicherung und Entwicklung der grün-blauen Infrastruktur zu verfolgen. Denn die Fachexpertise, die Erfahrung und die Handlungskompetenz der verantwortlichen Fachverwaltungen für das öffentliche Grün bieten große Potenziale, unsere Städte nachhaltig entwickeln zu können.
Schon 2017 hat die Bundesregierung mit dem Weißbuch Stadtgrün deutlich gemacht, dass das Stadtgrün in seinen vielfältigen Funktionen gestärkt und entwickelt werden muss – als unverzichtbarer Faktor nachhaltig gestalteter Städte. Denn, so heißt es dort: „Grüne Freiräume bilden eine wesentliche Voraussetzung für nachhaltige, lebenswerte, resiliente und zukunftsfähige Städte und Regionen.“
Umsetzung noch dringlicher geworden
Die genannten Ziele sind seit der Veröffentlichung des Weißbuchs noch wichtiger, ihre Umsetzung noch dringlicher geworden, denn die Ausgangslage hat sich weiter verschärft: Die globale Erwärmung, besonders in urbanen Gebieten, schreitet schneller voran, als zunächst angenommen. Ebenso nehmen, auch verstärkt durch weltweite Krisen, die sozialen Herausforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft zu. Von diesen beiden Tendenzen sind grüne Freiräume doppelt betroffen: zum einen wirken sich diese auf das Stadtgrün selbst sehr stark aus, zum anderen bieten grüne Freiräume ein großes Potenzial zur Milderung dieser Entwicklungen in der Stadt. Es ist daher längst keine Frage mehr, ob, sondern wie Städte durch qualitativ und quantitativ hochwertiges Stadtgrün nachhaltig gestaltet werden können.
Kreative Herausforderung: zum Teil widerstreitende Nachhaltigkeitsziele
Eine grundlegende Argumentations- und Handlungsbasis für das urbane Grün liefert die Nachhaltigkeitsstrategie der Vereinten Nationen „AGENDA 2030“ mit ihren 17 globalen Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals / SDGs), die weltweit eine sozial-ökonomisch-ökologische Transformation anstreben. Allerdings sind dies teilweise auch widerstreitende Ziele, was im Einzelfall ein Abwägen bzw. die Entwicklung neuer Lösungen erfordert.
So soll etwa nach dem SDG Nr. 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) der Zugang zu Grünflächen sichergestellt werden. Daneben sollen nach dem SDG Nr. 15 (Leben an Land) die Landökosysteme geschützt, die Bodendegradation sowie der Verlust der biologischen Vielfalt gestoppt werden. Gleichzeitig soll sicherer und bezahlbarer Wohnraum gewährleistet werden – auf Bundesebene etwa wird dies mit der Strategie der Wohnraumoffensive verfolgt.
Position Deutscher Städtetag (September 2023)
„Der Konflikt zwischen Wohnraum und Nachverdichtung im Innenbereich und den notwendigen Frei- und Grünflächen wird nicht vollständig aufzulösen sein. Mit Blick auf den Klimawandel und die Lebensqualität vor Ort werden der Erhalt und die Weiterentwicklung und Pflege von Grün- und Freiflächen in den verdichteten Räumen noch stärker in den Fokus rücken müssen. (…) Es wird nicht ausreichend sein, bestehende Grün- und Freiflächen qualitativ aufzuwerten. Hochwertige Grün- und Freiflächen müssen ausgeweitet und gesichert und dabei in ihrer Biodiversität möglichst aufgewertet werden. Zur Ausweitung und Sicherung sollten planungsrechtliche Instrumente verstärkt eingesetzt werden.“
(Deutscher Städtetag Berlin und Köln, 2023)
Konsequenz: Strategien zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele laufend weiterentwickeln
In der Folge wurden die Strategien zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele insgesamt weiterentwickelt: So ist aus der grünen Infrastruktur, die durch ihre Ökosystemleistungen gemäß Definition (vgl. BfN, 2017) gleichbedeutsam wie die technische Infrastruktur einer Stadt ist, die grün-blaue Infrastruktur geworden. Das heißt, grüne Räume werden mit den Möglichkeiten von Wasserrückhalt, Versickerung und Verdunstung in der Stadt gemeinsam gedacht. Und aus der doppelten Innenentwicklung ist eine dreifache geworden, denn die knappen Flächen in den Innenstadtbereichen werden gleichzeitig nicht nur für Grün und Bauen benötigt, sondern auch die Mobilitätswende fordert weiteren Raumbedarf, der nicht zuletzt in Grünräumen gesucht wird. Dabei ist darauf zu achten, dass diese nicht von breit dimensionierten Radschnellwegen überformt und zerschnitten werden und Konflikte mit schwächeren Nutzenden ausgeschlossen werden.
Die Liste der Möglichkeiten, wie urbane Freiräume weiter an den Klimawandel angepasst werden können, wird laufend erweitert. So werden zum Beispiel die Bereiche Biodiversität und Stadtnatur immer wichtiger, da der Artenverlust weiter voranschreitet und die Flächenversiegelung sich ungebremst fortsetzt.
Notwendig: finanzielle und personelle Ausstattung der Kommunen
Nachhaltige Stadtentwicklung muss sich jedoch auch in der finanziellen und personellen Ausstattung der Kommunen niederschlagen, wie vom Deutschen Städtetag in seinem Positionspapier (Deutscher Städtetag 2023) gefordert, und vor allem auch in den entsprechenden Haushaltsplanungen im grünen Bereich verankert werden. Zur Umsetzung werden „fachkompetent geleitete und besetzte, mit ausreichend Ressourcen ausgestattete Grünflächenämter […]“ benötigt (Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz, Arbeitskreis Stadtentwicklung 2016). Auch die Fördermittellandschaft sollte so gestaltet werden, dass die Grünflächenverwaltungen in die Lage versetzt werden, Fördergelder unkompliziert zu akquirieren und zu nutzen.
Vier Handlungsfelder im Fokus
In ihrem Positionspapier 2024 rückt die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK e. V.) besonders vier Handlungsfelder in den Fokus:
- Entscheidend für eine erfolgreiche Klimaanpassung:
Ganzheitlicher Ansatz von Beginn an - Für mehr Klimaresilienz und weniger Risiken:
Wasserbewusste Stadtentwicklung mit grün-blauer Infrastruktur - Erfolgreiche doppelte Innenentwicklung:
Bezahlbarer Wohnraum – mit grüner Qualität - Damit die Stadt ein guter Lebensraum für alle bleibt:
Förderkulisse für urbanes Grün
Viele weltweite Folgen des Klimawandels wirken sich besonders in Städten aus. Es genügt daher nicht, auf eine globale Lösung des Klimawandels zu warten, die Anpassung an den Klimawandel muss lokal erfolgen.
In Städten gibt es dafür eine Vielzahl von Klimaanpassungsstrategien. Sie zielen darauf ab, die Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren und gleichzeitig das städtische Wohn- und Arbeitsumfeld für die Bewohner*innen angenehmer zu gestalten. Denn der Klimawandel ist hier deutlich zu spüren:
- Hitzetage und Tropennächte nehmen deutlich zu, insgesamt ist die sommerliche Temperaturbelastung in Städten erhöht.
- Starkregenereignisse mit hohem Schadenspotenzial werden häufiger, gleichzeitig gibt es aber auch längere Phasen ohne jeglichen Niederschlag.
- Die vorhandene Vegetation verändert sich. Besonders betroffen sind Straßen- und Parkbäume.
- Im Altbaumbestand verstärkt sich der invasive Schädlingsbefall.
Natürliche oder naturnahe städtische Ökosysteme wie öffentliche Grün- und Parkanlagen, Wälder oder auch Feuchtgebiete sind entscheidend für die Klimaanpassung. Der Schutz, die Neuanlage und die Wiederherstellung dieser Ökosysteme trägt dazu bei, den Klimawandel abzumildern und die Widerstandsfähigkeit von Gemeinden gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu stärken. Schlagworte hierfür sind z. B.: CO2-Speicherung, Verdunstungskälte, Verschattung, Wasserrückhaltung, Gesundheitsschutz vulnerabler Bevölkerungsgruppen, Biodiversität.
Neuschaffung und Weiterentwicklung städtischer Grün- und Parkflächen
Die wichtigste, vielseitigste und günstigste Klimaanpassungsstrategie in Städten ist deshalb, öffentliche Grün- und Parkflächen neu zu schaffen und in städtischen Gebieten weitere Bäume, Sträucher und andere Vegetation anzupflanzen. Sie spenden Schatten, Verdunstungskühle entsteht, sommerliche Hitzeextreme können gedämpft werden. Mit der Entsiegelung und Begrünung von Hitzeinseln in Städten können lokale Temperaturen gesenkt und wohnungsnahe grüne und kühle öffentliche Aufenthaltsräume geschaffen werden. Und mit dem Umland verbundene, bis in die Innenstädte reichende, offene Grünzüge gewährleisten außerdem die Zufuhr von Frisch- und Kaltluft. Werden die Grünflächen zudem für Mensch und Natur gleichermaßen hochwertig gestaltet, verbessert sich – als positiver Nebeneffekt – dadurch auch die Biodiversität, die Aufenthaltsqualität für Bürger*innen. Ein gesundes Wohnumfeld entsteht. Verbunden mit grün-blauer Infrastruktur im Sinne einer „Schwammstadt“, also dem Rückhalt und der Zwischenspeicherung von anfallendem Niederschlagswasser, können Grünflächen zudem dazu beitragen, lokale Überschwemmungen zu verhindern, indem sie Regenwasser aufnehmen und verzögert abgeben.
Fokus: Stadtbäume
Klimaveränderungen sind für Stadtbäume, die bereits jetzt durch Bodenverdichtung, Platzmangel und einen hohen Versiegelungsgrad gestresst sind, eine weitere Belastung. Denn Trockenstress bedeutet für alle Bäume, die ihr Wurzelsystem noch nicht vollständig entwickelt haben oder nicht über den notwendigen Wurzelraum verfügen, eine große Gefahr. Höhere Lufttemperaturen begünstigen darüber hinaus die Ausbreitung von eingeschleppten Krankheiten und Schädlingen. Bereits geschwächte Bäume sind dann besonders anfällig für einen Befall. Die Folge, wie es in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung hieß: „Durch den Klimawandel und den damit verbundenen Extremwetterlagen sterben den Städten in Deutschland die Bäume weg.“ (Vgl. „Leben am Straßenrand“/ Klimawandel“, SZ, 30. 10. 2019).
Dringend nötig: Maßnahmen zum Erhalt der Stadtbäume und aller Stadtvegetation
Von den Kommunen werden Baumneupflanzungen und Baumpflegemaßnahmen in den nächsten Jahren einen erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwand erfordern. So muss zum Beispiel zur nachhaltigen Entwicklung von neu gepflanzten Bäumen deren Bewässerung (von bisher 3 bis 5 Jahren) auf 10 bis 15 Jahre verlängert werden und eine nachhaltige Jungbaumpflege bis zum 24. Standjahr (statt bisher 3 Jahre) ausgedehnt werden. Die Anpassung von Baumstandorten an den Klimawandel erfordert ebenso, den durchwurzelbaren Bodenraum bei Neupflanzungen großzügiger zu dimensionieren, was eine Verlegung unterirdischer Leitungsinfrastruktur erforderlich machen kann. Ohne entsprechende Budgets wird dies alles in den Fachämtern nicht zu leisten sein. Diese Maßnahmen sind aber zur erfolgreichen Klimaanpassung der Vegetation in Städten absolut notwendig.
Im Rahmen der Klimaanpassung müssen darüber hinaus Strategien und Maßnahmen (weiter)entwickelt werden, die nicht nur den Erhalt der Stadtbäume, sondern aller Vegetationsbestandteile in Zeiten des Klimawandels gewährleisten. Dazu gehört auch, das Pflegemanagement in allen Bereichen der öffentlichen Grün- und Parkanlagen an die lokalen Erfordernisse anzupassen und zum Beispiel statt der bisherigen 6- bis 12-maligen Mahd im Jahr nur noch ein- bis zweimal zu mähen. Bereits seit einiger Zeit beschäftigen sich die Fachämter intensiv mit diesen Themen, da das Mahdregime eine wichtige Rolle für die ökologische Qualität von Wiesen und Grünlandflächen spielt und dazu beitragen kann, die Biodiversität zu erhalten und zu fördern.
Besonderes Augenmerk auf trockenresistente Arten
In diesem Zusammenhang müssen auch bei der Auswahl von Bäumen, Sträuchern und anderen Pflanzen für städtische Gebiete andere Strategien verfolgt werden. So muss ein besonderes Augenmerk auf trockenresistente Arten gerichtet werden, die besser mit Trockenperioden umgehen können und weniger Bewässerung benötigen, gleichzeitig aber Spätfröste vertragen können. Die Straßenbaumliste der GALK (www.strassenbaumliste.galk.de) sowie die GALK / BdB Publikation „Zukunftsbäume für die Stadt“ geben hier wichtige Empfehlungen.
Essenziell: verbesserte Wasserverfügbarkeit für Bäume und Vegetationsbestände
Die entscheidende Frage bereits für die nahe Zukunft lautet: Wie können Kommunen eine bessere Wasserverfügbarkeit für die Bäume und Vegetationsbestände erreichen? Hierzu gibt es erste Ansätze. So werden öffentliche Grünflächen zum Beispiel im Sinne der Multicodierung, also der Überlagerung von verschiedenen Nutzungen auf derselben Fläche, von vorneherein für eine bessere Versickerung von Regenwasser geplant und gebaut. Und es gibt weltweit bereits Beispiele, wo Regenwasser von angrenzenden Oberflächen in Baumstandorte eingeleitet wird. Dabei stehen bislang jedoch noch die Anforderungen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung im Vordergrund, wie zum Beispiel die schnelle Ableitung von Regenwasser ohne Berücksichtigung der Auswirkungen von Staunässe auf Vegetationsbestände, Bäume, etc. Die Potenziale und auch Risiken dieser Maßnahmen für Bäume und Grünflächen werden derzeit fachübergreifend intensiv diskutiert. (siehe Positionspapier „Wassersensible Straßenraumgestaltung, Versickerungsanlagen sind keine Baumstandorte.“, GALK e. V. 2023). Langfristig müssen die bereits existierenden Beispiele den Praxistest noch bestehen. Denn nach derzeitigem fachlichem und technischem Kenntnisstand sind Baumstandorte als reine Versickerungsanlagen nicht einsetzbar.
Auf den Punkt gebracht: Forderungen der GALK e.V.
Ein ganzheitlicher Ansatz
Ohne eine interdisziplinäre Zusammenarbeit lassen sich solche komplexen Aufgaben nicht bewältigen:
- Zur Bewältigung der Klimaanpassung ist ein holistischer Ansatz erforderlich, bei dem die unterschiedlichen Beteiligten aus den Bereichen Stadtplanung, Wasserwirtschaft und grüne Fachämter gemeinsam und auf Augenhöhe an diesem Ziel arbeiten.
- Bereits zu Beginn von städtebaulichen Planungen sind deshalb alle Fachsparten zu beteiligen, damit alle erforderlichen Aspekte der Klimaanpassung berücksichtigt werden können.
- Dazu sind integrierte Planungen erforderlich, die die unterschiedlichen Bedarfe von öffentlichen Freiräumen bereits von Planungsbeginn an konzeptionell berücksichtigen. Grundlage jeder Planung muss die Entwicklung der blau-grünen Infrastruktur sein.
- Bei allen Stadtentwicklungsmaßnahmen sind Freiflächen vorzusehen, die quantitativ und qualitativ eine Klimaanpassung möglich machen.
- Dieses Ziel muss durch Änderungen im Bauplanungsrecht auch rechtlich so verankert werden, so dass im Abwägungsprozess der unterschiedlichen Belange den notwendigen Maßnahmen der Klimaanpassung eindeutig eine höhere Priorität zugewiesen wird.
Zugang zum Wasser am Nägeleinsplatz, Foto: Gerwin Grüber, SÖR, Stadt Nürnberg
Neues Wasserspiel im Cramer-Klett-Park, Foto: Gerwin Grüber, SÖR, Stadt Nürnberg
Aus einem ehemaligen hochversiegelten Pocketpark wird eine grüne innerstädtische Oase, Foto: Gerwin Grüber, SÖR, Stadt Nürnberg
Städte und Siedlungen haben sich historisch mit Bezug zur Landschaft entwickelt. Immer ging es um Wasserversorgung, Entsorgung von Abwasser und Schutz vor Hochwasser. Lange stand im Fokus, den Abfluss und die Entwässerung zu optimieren: Flüsse wurden begradigt, Kanäle und Drainagen gebaut.
Heute, in Zeiten des Klimawandels und seinen Folgen, stehen die Städte vor neuen Herausforderungen: Hitze und Trockenheit wechseln sich mit Starkregenereignissen ab – die mögliche Folge: extremes Hoch- oder Niedrigwasser; Grundwasserabfall; Überhitzung; Dürre; Vegetationsschäden und Veränderung der Artenvielfalt.
Grün-blaue Infrastrukturen entwickeln
Darauf müssen Städte reagieren und sich besser vorbereiten. Um ihre Klima-Resilienz zu erhöhen und Risiken zu minimieren, gilt es für die Stadtverwaltungen, einen naturnahen Wasserhaushalt und eine grün-blaue Infrastruktur zu entwickeln. Das heißt, Grünräume werden mit den Möglichkeiten von Wasserrückhalt, Versickerung und Verdunstung in der Stadt gemeinsam gedacht. So kann Regenwasser genutzt, gepuffert, gespeichert werden, zur Grundwasserneubildung versickern und durch Verdunstung für Kühlung sorgen. Grünflächen im Flussraum sichern zugleich Flächen für Überflutung und Retention zum Hochwasserschutz. Grün-blaue Infrastruktur ist eine wichtige Grundlage für die städtebauliche Entwicklung, trägt wesentlich zur Klimafolgenanpassung bei und schafft dazu noch attraktive Orte mit Mehrfachnutzen.
Möglichkeiten der Umsetzung
Grün-blaue Infrastruktur ist für alle Ebenen relevant: im kleineren, lokalen Maßstab, bei Niederschlag und Versickerung vor Ort, bis zum großen, regionalen Maßstab, bei Flusssystemen oder Wassereinzugsgebieten. Das bedeutet:
- Flüssen und Gewässern Raum geben / Starkregenabflussrinnen offenhalten
Auch wenn Flächen als Bauland begehrt sind, müssen die Risiken vor Ort und für die Unterlieger beachtet werden, um Sicherheit für die Siedlungsbereiche zu schaffen. Solche überflutbaren Flächen können als multifunktionale Freiflächen für Wegeverbindungen, Erholungs- und Freizeitnutzungen sowie zum Biotopverbund dienen. - Regenwasser – vom Abwasser zur Ressource
Straßen und Plätze als grün-blau-graue Infrastrukturen mit Stadtgrün und naturnaher Entwässerung entwickeln. Regenwasser soll nicht als Abwasser abgeleitet, sondern für naturbasierte Lösungen vor Ort genutzt, gespeichert, zur Grundwasserneubildung versickert, zur Kühlung verdunstet und offen geleitet werden. Regenwasser kann B. als Grauwasser in Gebäuden oder zur Bewässerung von Freianlagen genutzt oder für Feuchtstandorte belassen werden. So kann einer überlasteten Kanalisation, Überflutungen sowie zu geringer Wasserführung und sinkenden Grundwasserständen entgegengewirkt werden. - Bodenverdichtungen und Versiegelung vermeiden
Die Leistung der grün-blauen Infrastruktur beginnt mit den natürlichen Funktionen des Bodens, der nicht nur ein Vegetationsstandort ist, sondern auch der Versickerung, Verdunstung, Reinigung und Speicherung von Wasser dient. Bodenverdichtungen und Versiegelung müssen daher vermieden werden. Das fördert Vegetationsflächen und die Grundwasserneubildung und sichert die Wasserverfügbarkeit besonders für Stadtbäume.
Wasserbewusste Stadtentwicklung von Anfang an
- Grundlage ist die Landschaft: Grundlage jeder urbanen Entwicklung bleibt die Landschaft – insbesondere Topografie und Hydrologie. Dies gilt es bei Planungen zur räumlichen Disposition von Anfang an zu berücksichtigen.
- Integriertes Wasserkonzept erstellen: Für eine wasserbewusste Freiraum- und Stadtentwicklung müssen in einem integrierten Wasserkonzept Bedingungen und Anforderungen sowie die Entwicklung eines naturnahen Wasserhaushalts frühzeitig für die weiteren Planungen bestimmt werden. Denn die grün-blaue Infrastruktur muss von Anfang an richtig verortet und dimensioniert sein. Sonst sind nachträgliche Aufwände bzw. Qualitätseinbußen nicht auszuschließen.
- Dem Wasser Raum geben – Flächen sichern ist Voraussetzung: Dem Wasser ausreichend Raum zu geben und die notwendigen Flächen zu sichern, ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung grün-blauer Infrastruktur. Multifunktionale Gestaltungen können Flächen sparen und Mehrwert schaffen – z. B.: Versickerungsflächen im Park, ein überflutbarer Bolzplatz oder eine Renaturierung für mehr Hochwasserschutz.
- Nachhaltig mit low tech: Bei einer vorausschauenden Arbeit mit und nicht gegen die Landschaft bieten naturbasierte Lösungen oft einfache und kostengünstige, attraktive Umsetzungen.
- Zusammenarbeit von Beginn an: Wichtig ist eine gemeinsame Bearbeitung in den Fachbereiche Stadtplanung, Tiefbau, Wasserwirtschaft, Landschafts- und Freiraumplanung von Beginn an. Vor allem in der Landschaftsarchitektur besteht eine Tradition der Gestaltung mit Wasser und Natur.
- Pflege sichern und durch Evaluation lernen
Auf den Punkt gebracht: Forderungen der GALK e.V.
Instrumente zur Umsetzung stärken
Von Anfang an ist grün-blaue Infrastruktur bei den Planungen einzubeziehen und in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Fachdisziplinen zu bearbeiten. Für ihre Umsetzung ist eine entsprechende Flächendisposition essenziell. Daher sind Landschaftsplanung und Liegenschaftspolitik zu stärken, mit Eingriffsbewertung und Freiflächengestaltungsplan Verbindlichkeiten zu schaffen und über Abwassergebührensatzungen sowie Förderprogramme Anreize zu bieten.
- Landschaftsplanung und Grünordnung: In der Grünordnungs- und Landschaftsplanung müssen bereits strategisch die wesentlichen Themen für einen möglichst naturnahen Wasserhaushalt mit bearbeitet, abgestimmt und nach Möglichkeit verbindlich beschlossen werden (s. BNatSchG §1 Abs. 3,4). Zum Flächennutzungsplan und zum Bebauungsplan ist ein entsprechender Landschaftsplan bzw. Grünordnungsplan zu erstellen.
- Liegenschaftspolitik: Die benötigten Flächen für die grün-blaue Infrastruktur sind im Rahmen der Liegenschaftspolitik vorausschauend zu sichern bzw. zu erwerben, ggf. unterstützt durch eine Vorkaufssatzung.
- Eingriffsbewertung: Bei der Bewertung von Eingriffen in Natur und Landschaft sind zusätzlich zu Flora und Fauna auch die Themen Klima und Wasser zu beurteilen. In einigen Bundesländern sind die Leitfäden entsprechend zu ergänzen.
- Freiflächengestaltungssatzung: Die gemeindlichen Anforderungen an grün-blaue Infrastruktur sollten von den Kommunen in einer Freiflächengestaltungssatzung für ein Gebiet einheitlich definiert werden.
- Freiflächengestaltungsplan: Für Bauanträge soll ein Freiflächengestaltungsplan die Außenanlagen mit Wasserhaushalt gebündelt darstellen. Dies kann Qualitäten sichern und Genehmigungsverfahren vereinfachen. Der Freiflächengestaltungsplan soll für qualifizierte und einheitliche Regelungen verbindlich in die Landesbauordnungen aufgenommen werden.
- Abwasser- und Abwassergebührensatzungen: Naturbasierte Lösungen müssen sich lohnen. Die Modalitäten für Einleitungen inklusive Gebühren in den kommunalen Satzungen sollten so gestaltet werden, dass örtliche Lösungen, z. B. mit Versickerung, günstiger als eine Entwässerung im Kanal sind. Im öffentlichen Bereich sind Unterhalt und Pflege der für die Entwässerung relevanten grün-blauen Infrastruktur über den Gebührenhaushalt sicherzustellen.
- Baugesetzbuch: Als Teil der Stadtentwicklung ist die grün-blaue Infrastruktur im Bauplanungsrecht zu verankern.
- Förderprogramme: Das Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ (BMWSB) hat zahlreiche Projekte initiiert, das Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ (BMUV) verspricht eine umfangreiche Unterstützung für verbesserte natürliche Lösungen zur Anpassung, Resilienz und Klimaschutzleistung. Die GALK begrüßt die Programme und bestärkt ihre Fortführung.
Urbanes Grün gerät immer stärker unter Druck. Zum einen sind verfügbare Flächen begrenzt, zum anderen besteht die Notwendigkeit, die Stadt baulich weiter zu entwickeln. Die Konsequenz dieses Konflikts zwischen Wohnraum und Nachverdichtung im Innenbereich und den notwendigen Frei- und Grünflächen: Entscheidungen werden häufig gegen den Erhalt von Grünflächen getroffen. Statt der 2002 von der Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie als Ziel ausgegebenen Reduzierung auf 30 Hektar/Tag, ist der Verbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen im vierjährigen Mittel von 2018 bis 2021 sogar auf ca. 55 Hektar pro Tag gestiegen (Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 28. 2. 2023).
Gleichzeitig erfährt städtisches Grün seit einigen Jahren eine enorme Aufwertung. Besonders im Hinblick auf ihre stadtklimatische Relevanz werden Grünflächen immer wichtiger. Städtisches Grün erhöht außerdem die Wohn- und Lebensqualität und steigert die Attraktivität der Städte. In den Kommunen entsteht so ein Spannungsfeld zwischen der notwendigen baulichen Verdichtung und den Forderungen nach Erhalt und Entwicklung von städtischem Grün mit seinen vielfältigen Funktionen.
Innenentwicklung: Doppelstrategie für Bauen und Grün
Um den Flächenverbrauch in der freien Landschaft zu reduzieren, werden vermehrt Strategien zur Innenentwicklung – wie Revitalisierung von Brachflächen, Baulückenschließung und Nachverdichtung – umgesetzt. Das Innenentwicklungspotenzial auf Brachflächen und Baulücken wird für Deutschland auf 120.000 bis 160.000 Hektar geschätzt (BBSR 2013, S. 65ff). Nach dem Leitbild der doppelten Innenentwicklung sollen die noch vorhandenen Flächenreserven baulich sinnvoll genutzt und gleichzeitig die Potenziale der innerstädtischen Freiflächen erhalten und entwickelt werden. So sollen sie etwa miteinander vernetzt und qualitativ verbessert werden, um eine gute Freiraumversorgung zu gewährleisten.
Abbildung 1: Schrägluftbild der Bahnstadt Heidelberg, 2023, C. Buck
Wohnungsbauoffensive: Bauland mobilisieren und Wohnen bezahlbar machen
Diese doppelte Innenentwicklung wird flankiert von der 2018 vom Bund verabschiedeten Wohnungsbauoffensive, die mit ihrem Maßnahmenpaket investive Impulse zur Förderung des Wohnungsbaus setzen will. Ziel ist, positive Effekte auf die Baulandmobilisierung und -entwicklung sowie eine Baukostensenkung zu erreichen, Wohnen bezahlbar zu machen und Fachkräfte zu sichern. Nach einigen Jahren Laufzeit fällt die Bilanz allerdings ernüchternd aus. Aktuell ist eine Stagnation bei der Wohnungsbauentwicklung und ein starker Anstieg der Baukosten zu verzeichnen. Die Entwicklung im Wohnungsbau für die weniger zahlungskräftige Bevölkerung zeigt die positiven Effekte nicht im erwarteten Umfang.
Die GALK begrüßt die Wohnungsbauoffensive des Bundes, legt dabei jedoch besonders Augenmerk auf die Frage der gleichzeitigen Grünflächenversorgung unserer Städte und Kommunen. So forderten die GALK und die Fachkommission Stadtgrün bereits 2022 beim Deutschen Städtetag die konsequente Nutzung und Umnutzung des vorhandenen Gebäudebestandes.
Dabei müssen die rechtlichen Anforderungen an eine ausreichende Versorgung mit Grünflächen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 14 BauGB) erfüllt und, wo Grünflächen nicht in ausreichendem Maße und hinreichender Qualität vorhanden sind, neu geschaffen oder entwickelt werden (§ 1 Abs. 6 BNatSchG).
Flächen sparen – grüne Qualität ausbauen
Sollen Wohnraumoffensive und doppelte Innenentwicklung erfolgreich sein, muss der städtebauliche Fokus darauf liegen, im Bestand zu entwickeln, den Flächenverbrauch zu verringern und Konversionsflächen zu entwickeln – mit der notwendigen Qualität, um eine ausreichende Freiraumversorgung zu gewährleisten.
Für die Daseinsvorsorge der städtischen Bevölkerung sind die wohnungsnahen, privaten Grünräume als auch die quartiers- und stadtteilbezogenen, öffentlichen Grünflächen essenzielle Elemente. Diese gilt es im Bestand zu sichern und für die weitere Entwicklung auszubauen. Entscheidend für die Qualität des öffentlichen Grüns sind Struktur und Vernetzung, gute Erreichbarkeit und die jeweilige Ausgestaltung. Nur dann können die Ziele – Gesundheit, Erholung, Artenschutz und Klimafolgenanpassung – realisiert werden.
Abbildung 2: Grünzug Promenade, Bahnstadt Heidelberg, 2023, C. Buck
Erfolgreiche doppelte Innenentwicklung: bezahlbarer Wohnraum – mit grüner Qualität
Um die doppelte Innenentwicklung unter den Anforderungen der neuen Wohnraumoffensive positiv gestalten zu können, schlägt die GALK vor, die Rahmenbedingungen für die grün-blaue Infrastruktur zu verbessern. Zur Stärkung der doppelten Innenentwicklung sollte das Bauen nur gefördert werden, wenn Dachbegrünung, Fassadenbegrünung und vor allem ausreichendes öffentliches Grün in guter Qualität nachgewiesen werden. Denn die Innenentwicklung stößt dort an ihre Grenzen, wo sie die Bedarfe für die Freiraumversorgung beschneidet und die klimatischen Bedingungen verschlechtert.
Auf den Punkt gebracht: Forderungen der GALK e.V.
Bezahlbarer Wohnraum und grüne Infrastruktur gehören zusammen
- Ausreichende Freiraumversorgung gewährleisten: Lebenswerte Städte und Gemeinden benötigen eine in Größe und Qualität ausreichende Grün- und Freiraumversorgung, auch mit Blick auf die Klimakrise.
- Bezahlbarer Wohnraum und grüne Infrastruktur gehören zusammen: Grünstrukturen, die das Wohnumfeld optimieren, sind bei der Entwicklung von Neubauflächen zu erhalten und/oder zu verbessern. Bezahlbares Wohnen und Bauen muss mit lebenswerten (Umweltqualität) und attraktiven Städten einhergehen!
- Ein eigenständiges, verbindlich wirksames Förderprogramm für die grüne Infrastruktur: Realisieren lassen sich Erhalt und Entwicklung von Grünflächen im Siedlungsraum, eine optimierte Grünausstattung, die Vernetzung von Grünstrukturen und bessere Erreichbarkeit über ein gezieltes Förderprogramm.
- Die gesetzliche Verankerung der grünen Infrastruktur im Bauplanungsrecht: Um das Verhältnis zwischen bebauter Fläche und zu erhaltender Freifläche festzuschreiben, muss im Baurecht als Äquivalent zur Geschossflächenzahl (GFZ) ein „Grünflächenfaktor“ eingeführt werden.
„Grün macht gesund“ – das ist keine neue Erkenntnis. Qualitätsvolles Stadtgrün hat – mit Blick auf den Menschen – einen hohen Stellenwert und großes Potenzial für den Schutz und die Förderung von Gesundheit. Denn die Grünräume in einer Stadt kompensieren klimatische Belastungen, Luftverschmutzung und Lärm. Schon allein darum muss das urbane Grün erhalten und qualitativ wie quantitativ weiterentwickelt werden.
Zusätzlich sind die urbanen Räume im Laufe der sich intensivierenden Landwirtschaft zu Rückzugsräumen für Flora und Fauna geworden. Die Städte und Gemeinden haben somit eine zunehmende Verantwortung für den Arten- und Biotopschutz.
Stadtgrün: Raum der Begegnung
Als Raum der Begegnung ist das öffentliche Grün zudem bedeutsam für das gesellschaftliche Leben in der Stadt, den Austausch und das Zusammensein von Menschen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter und Mobilität. Damit leisten Grünflächen und Parks einen hohen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für die soziale Begegnung und Integration. Urbane Grünflächen und Parks sind – bei adäquater Ausstattung – besonders dazu geeignet, Freizeit- und Erholungsbedürfnisse zu befriedigen.
Wie hoch die Qualität von städtischen Grünflächen ist, wird davon bestimmt, ob sie ausreichend groß und gut fußläufig zu erreichen sind, wie vernetzt sie untereinander sind, wie sie gestaltet, ausgestattet und gepflegt sind, wie viele Pflanzen und Pflanzarten es dort gibt und ob sie für vielfältige Zwecke zu nutzen und sichere Orte sind.
Stadtgrün: zentral für das Mikroklima
Aufgrund seiner umfassenden Wirkung auf das Stadtklima spielt urbanes Grün eine zentrale Rolle bei den kommunalen Klimaanpassungskonzepten zur Minderung der Folgen des Klimawandels. Es verbessert das Mikroklima und den städtischen Wasserhaushalt, begünstigt Frischluftschneisen sowie den Luftaustausch und verringert den Wärmeinsel-Effekt. Zudem trägt das Stadtgrün mit seinen Ökosystemleistungen dazu bei, die Luftverschmutzung, Staub- und Lärmbelastung sowie die CO²-Emissionen zu reduzieren.
Stadtgrün: Ort der Artenvielfalt
Abb. X: Artenreiches öffentliches Grün, Frankfurt am Main
Ein wichtiger Lebensraum ist die Stadt auch vermehrt für Fauna und Flora geworden. Städte gehören inzwischen zu den artenreichsten Lebensräumen. Denn die Vielfalt an Lebensräumen, und damit einhergehend die Artenvielfalt, ist in der freien Landschaft in den vergangenen Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. Aus diesem Potenzial erwächst zugleich eine hohe Verantwortung mit der Aufgabe,
- die Vielfalt an naturraumtypischen Arten und Lebensräumen zu erhalten;
- den biologischen Verbund sicherzustellen;
- die Verantwortung für speziell an den Siedlungsraum angepasste Arten anzunehmen und
- Rückzugsräume für bedrohte Arten der freien Landschaft zu schaffen.
Essenziell für den Lebensraum:
qualitativ und quantitativ angepasste Versorgung mit Stadtgrün
Abb. Y: GrünGIS als Handlungsgrundlage, Frankfurt am Main
Der Lebensraum Stadt steht jedoch vor immer größer werdenden Herausforderungen: Anpassung an den Klimawandel und Reduzierung der Klimafolgen, bauliche Innenentwicklung, Erhalt der biologischen Vielfalt und Umweltgerechtigkeit können nur dann nachhaltig begegnet werden, wenn die Versorgung mit Stadtgrün qualitativ und quantitativ angepasst und ausgebaut wird. Umweltprobleme (Lärm, Luftverschmutzung, fehlende Erholungs- und Freizeitanlagen, etc.) finden sich häufig in sozial benachteiligten Stadtquartieren. Der Ausgleich sozialer Benachteiligung kann u. a. durch eine ausreichende Versorgung mit Stadtgrün erfolgen.
Die Bundesregierung hat dazu 2019 den Masterplan Stadtnatur vorgelegt. Ziel des Masterplans ist es, das Grün in unseren Städten, auch mit Blick auf die biologische Vielfalt, aufzuwerten und die vielfältigen Leistungen der Natur für unser urbanes Leben als einen wichtigen Beitrag zur integrierten Stadtentwicklung festzuschreiben.
Wie dabei Orientierungswerte für die Grün- und Freiraumversorgung helfen können, wird in Wissenschaft und Praxis seit langem diskutiert. Bereits Anfang der 1970er-Jahre entwickelte die GALK dazu Kennwerte für die Freiraumversorgung, die 1973 vom Deutschen Städtetag beschlossen wurden. Mit Blick auf die inzwischen gestiegenen Anforderungen sind diese Orientierungswerte jedoch noch nicht weiterentwickelt worden.
Verantwortung der Kommunen
Das Stadtgrün deckt innerhalb der Städte (u.a.) folgende Funktionen ab:
- Erholung / Freizeit
- Gesundheit / Umweltgerechtigkeit
- Klimawirksamkeit
- Biodiversität und Stadtnatur
Diese Funktionen bereitzustellen liegt in der Hand und Verantwortung der Kommunen. Sinnvollerweise wird das städtische Grün durch weiteres urbanes Grün auf privaten Flächen ergänzt. Sowohl für die bioklimatische Ausgleichs- und Kaltluftfunktion, die Filtrierung von Schadstoffen als auch die Wasserrückhaltefunktion ist nicht zwischen öffentlichem und privatem Grün zu differenzieren, sondern eine ganzheitliche Betrachtung und Herangehensweise erforderlich. Gleiches gilt für den Biotop- und Artenschutz.
Auf den Punkt gebracht: Forderungen der GALK e.V.
Förderlandschaft für urbanes Grün ausbauen
- Förderprogramme für das urbane Grün: Förderprogramme des Bundes / der Länder müssen sowohl für Städte als auch für Gemeinden antragsfähig und realisierbar sein. Sie sollten auch den Aufbau qualifizierten Personals berücksichtigen.
- Fachliche Bewertung von Förderanträgen: Die Bewilligung von Fördermitteln bedarf einer fachlichen Expertise. Nachhaltigkeit muss im Vordergrund stehen.
- Förderkulisse: Für urbanes Grün muss es Förderprogramme im Kontext der Stadtplanung geben. Der GALK e.V. fordert darüber hinaus weiterhin ein eigenständiges Förderprogramm für die urbane grün-blaue Infrastruktur.
- Unterstützung durch den DST und den DStGB: Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund, als Schnittstellen zur Bundesregierung, müssen dafür Sorge tragen, die Kommunen bei der Ressourcengewinnung zu unterstützen.
- Bundesweit gültige Orientierungswerte: Bundesweite Orientierungswerte sind als Leitplanken weiter zu etablieren, um die Kommunen dabei zu unterstützen, ihre Ziele bei der Grünversorgung hinsichtlich Erholung, Klimaanpassung und Biodiversität zu formulieren. Die Festschreibung eines Grünflächenfaktors im Baugesetzbuch, analog zur Geschossflächenzahl, wäre hierzu ein wichtiger Meilenstein.
Einleitung
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) 2017: Weißbuch Stadtgrün, S. 7, Berlin
Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz, Arbeitskreis Stadtentwicklung 2016: „Grün in der Stadt“ Positionspapier der GALK E. V. zum Weißbuchprozess der Bundesregierung.)
Deutscher Städtetag Berlin und Köln, 2023: AGENDA 2023 - Stand der Umsetzung in den deutschen Städten. Positionspapier des Deutschen Städtetages, Berlin und Köln)
Bundesamt für Naturschutz (BfN) 2017: Bundeskonzept Grüne Infrastruktur
1. Kapitel
„Leben am Straßenrand“/Klimawandel; SZ, 30.10.2019
2. Kapitel
Allianz Gemeinsam für eine wasserbewusste Stadtentwicklung, 2023: Position -Wasserbewusste Stadtentwicklung jetzt für die Zukunft, Hennef
3. Kapitel
Statistisches Bundesamt, 2022: Siedlungs- und Verkehrsfläche wächst jeden Tag um 55 Hektar, Pressemitteilung vom 28.02.2023, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2023/PD23_09_p002.html
BBSR – BUNDESINSTITUT FÜR BAU-, STADT- UND RAUMFORSCHUNG IM BUNDESAMT FÜR BAUWESEN UND RAUMORDNUNG (Hrsg., 2013): -Innenentwicklungspotenziale in Deutschland. Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage und Möglichkeiten einer automatisierten Abschätzung. Bearbeitung: Leibnitz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. und Projektgruppe Stadt und Entwicklung, Ferber, Graumannn und Partner. Bonn.
Fachkommission Stadtgrün, 2022: Bündnis bezahlbarer Wohnraum; Stellungnahme der FK Stadtgrün an den DST vom 01.07.2022
Stadt+Grün 06/2022 – „Grüne Infrastruktur im Bauplanungsrecht verankern!“; Interview mit Rüdiger Dittmar, Präsident der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK), S.5, Stadt + Grün/Das Gartenamt, Patzer Verlag GmbH & Co.KG, Berlin – Hannover
Bdla - Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, 2022: Essentials zur Klimaanpassung, 20 Empfehlungen des bdla zur Klimaanpassungspolitik für Stadtlandschaften, Oktober 2022, Berlin
4. Kapitel
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) 2019: Masterplan Stadtnatur, Berlin
Bundesamt für Naturschutz (BfN) 2023, Schrift 653, Stadtnatur erfassen, schützen, entwickeln: Orientierungswerte und Kenngrößen für das öffentliche Grün, Bonn
Impressum
Herausgeber: Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK e.V.)
GALK Arbeitskreis Stadtentwicklung, V.i.S.d.P.; Heike Appel, Petra Holtappel, Maya Kohte, Volker Schwarz, Knut Weidenhammer
Textredaktion: pfiff – Pressefrauen in Frankfurt